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»Dem Föhnwind getrotzt«

Dem Föhnwind getrotzt
Tourenbericht: Ehrwalder Sonnenspitze – Südgrat;  20. Oktober 2019

Der Wetterbericht sagte für die Alpen eine für den Herbst typische Föhnwetterlage mit sonnigen 24°C voraus – somit also verlockende Aussichten für eine Saison-Abschluss-Tour!

Unser Ziel, welches uns Tom (wie üblich) erst auf der Hinfahrt verriet: Die Ehrwalder Sonnenspitze (2.417m).

Bei der frühmorgendlichen Anfahrt konnten wir - kurz vor Ehrwald - bereits einen ersten Blick auf diesen markanten Gipfel, der an einen schlanken Kirchturm erinnert, werfen. Uuups, da wollen "wir" tatsächlich rauf?! Nur Tom hatte scheinbar keine Zweifel daran, dass wir alle drei dort rauf und auch wieder runter kommen.

In der Hoffnung, beim Klettern möglichst viel Sonne abzubekommen, hatte Tom sich für den Südgrat entschieden, der sich oberhalb der Biberwierer Scharte in einer Länge von 725 Metern, aufgeteilt auf 18 Seillängen, bis zum Gipfel zieht. Bis zum Einstieg mussten wir aber erst einmal schattige 1.100 Höhenmeter zurücklegen.

Ab der Biberwierer Scharte hatten wir mit Sonne bzw. zumindest mit einem "warmen Lüftchen" gerechnet, aber weit gefehlt. In der ersten Seillänge, die zugleich auch die Schlüsselseillänge (UIAA V) darstellte, konnten wir zumindest noch ein paar wärmende Sonnenstrahlen einfangen. Je höher wir aber kamen, umso stürmischer und "schattiger" wurde es. Beim Sichern an den Standplätzen, die teilweise recht ausgesetzt waren, wurde es uns aufgrund der heftigen Windböen sehr schnell kalt. Gefühlt hatte es nur knapp über 0°C und von Sonnenschein war weit und breit nichts zu sehen.

Von den 18 Seillängen mussten wir nur fünf auch tatsächlich "richtig" von Stand zu Stand klettern. Die meisten Seillängen im einfachen Gelände (UIAA I-II) gingen wir gemeinsam am gleitenden Seil und so kamen wir zum Glück auch relativ schnell voran. Tom's Zeitplan, der vorsah zwingend im Hellen wieder an der Biberwierer Scharte zu sein, schien aufzugehen.

Am Vorgipfel angekommen, fegte der Föhnwind so kräftig über uns hinweg, dass wir schon fast den Hauptgipfel (mit Gipfelkreuz) auslassen wollten. Gegenüber am Zugspitzgipfel wurden zur gleichen Zeit Windspitzen von bis zu 95 km/h gemessen.

Wir hatten jedoch Glück und der schmale Übergang, der zum Hauptgipfel führt, lag etwas im "Windschatten". Für eine Gipfelbrotzeit mit schönem Ausblick hatte aber definitiv keiner Lust, so dass wir uns sogleich an den Abstieg über den eigentlichen "Normalweg" (UIAA I-II) machten. Hier war für 1 ½ Stunden nochmal volle Konzentration gefragt. Beim Abklettern mit stellenweise viel Tiefblick wurde uns bald wieder warm.

Endlich "unten" im Bereich der Biberwierer Scharte angekommen, gab es die lang erwartete Brotzeit und den wohlverdienten Gipfelschnaps! Jetzt lagen ja "nur noch" etwas über 1.000 Höhenmeter Talabstieg vor uns. Problemlos! Und wir sind tatsächlich noch im "Hellen" – nach genau 10 Stunden – wieder am Parkplatz angekommen.

Die Tour war ein krönender Abschluss der Saison 2019 und für uns beide auf jeden Fall ein Highlight. Wie immer hat Tom ganze Arbeit geleistet: Super ausgesucht, souverän geführt und dabei noch tolle Bilder gemacht.


Wir werden uns sehr gerne an diese geniale Tour zurückerinnern!

Harriet & Christian Köhler

– OG Brünnstein –