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Klettersteig »Tajakante« auf den Vorderen Tajakopf

Klettersteig Tajakante

Aus dem ursprünglich geplanten Klettersteig-Wochenende im Kaiserwinkl (Tour B30) wurde wetterbedingt eine – zugegeben lange – 1-Tagestour in den Mieminger Bergen. Organisator Tom – bekannt dafür, dass die Tourenziele vorher nicht verraten werden – hatte mehrere Alternativen vorbereitet.

Die Mehrheit der 5 Teilnehmer entschied sich für den Klettersteig »Tajakante«. Tom hatte neben der Ausrüstungsliste auch – ganz ungewöhnlich – das Topo vorab an die Teilnehmer verteilt. 580 Höhenmeter im Klettersteig, Schwierigkeitsbewertung D/E, mehr als 800 Höhenmeter Zustieg, Ausstieg am Gipfel auf 2.450m plus laaanger Abstieg. Schon bei den Eckdaten war klar: Das wird kein Kindergeburtstag!

Durch den frühen Start in München waren wir bereits kurz nach 8 Uhr vor Ort und bereit zum Aufstieg. Im extrem schwülen Waldstück zu Beginn der Tour suchte jeder seinen Rhythmus und schwitzte lautlos vor sich hin. Es kam mir vor wie die Prozession tibetischer Schweigemönche. Die 2 Stunden des steilen Aufstiegs zeigten erste Konditionsschwächen auf. Am Seebensee angekommen, einem türkisblauen Juwel vor grandioser Bergkulisse, entschied sich Harriet lieber weiter zur Coburger Hütte aufzusteigen und dort entspannt auf die Rückkehr unserer Gruppe zu warten.

Zu fünft stiegen wir dann in den Klettersteig ein. Die beiden „E-Stellen“-Erfahrenen, Florian und Ellen, machten die Spitze und „passten gegenseitig auf sich auf“. Dann kamen Tom vor Susi und mir als Schlusslicht. Tom riet zuvor noch: „klettert mit den Füßen, das spart Armkraft, vor allem für den zweiten Teil“. Das klang so, als ob das dicke Ende ganz zum Schluss käme – mitnichten, auch der erste Teil hatte es schon richtig in sich. Und es gibt nicht nur „die eine“ D/E-Stelle, die es zu meistern gilt, der gesamte Klettersteig ist anspruchsvoll – fast überall! Aber das Beste überhaupt: Die Aussicht!!!

Der Name des Klettersteiges ist Programm: »Tajakante« - immer der Kante entlang. Der Blick über Seebensee und Drachensee sowie die umgebenden Berggruppen ringsherum – einfach phänomenal! … außer dem Zugspitzgipfel – zugebaut bis zum Gehtnichtmehr ist er eher ein Mahnmal für überzogenen Tourismus. Der Rest ist Weit- und Fernblick vom Feinsten. Das Wetter war uns mehr als gnädig, da musste ab und zu die Selbstsicherungsschlinge rein – natürlich nur um die Aussicht zu genießen. Nach 3 Stunden waren wir dann am Gipfelkreuz. Berg frei! Und nach der verdienten Gipfelbrotzeit kam dann das Unvermeidliche: Der Abstieg!

Es ging durch steile Schuttrinnen und über Geröllfelder abwärts, was gefühlt schwieriger war als der Aufstieg – dabei die Coburger Hütte immer im Blick. Nach einer halben Stunde kam das Schild: Coburger Hütte: 1,5 Std - upps. Echt noch sooo lange? Ja, so lange. Na ja, wir sind dann doch mal angekommen und der Drachensee sah so einladend aus, dass Susi und Florian tatsächlich auf ein kurzes Bad in den eiskalten Bergsee sprangen. Hut ab!

Auf der Hütte trafen wir wieder auf Harriet, machten eine kurze Rast und begaben uns dann auf den restlichen Abstieg! Tom wählte den (noch) längeren Weg, der dafür nicht ganz so steil ist. Aber was heißt hier steil? Wir sind halt im Gebirge und da sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit keine hohlen Phrasen.

Im letzten Teil unseres Abstiegs wurden die Wolken dunkler und dichter und die ersten Gewitter waren zu hören. Tom hatte das Zeitfenster jedoch punktgenau ausgesucht, und so saßen wir wieder im Auto, als 10 ½ Stunden und 3 Liter Trinkwasser später, die ersten Regentropfen fielen.

Was haben wir gelernt:

Wer auf die roten Punkte achtet, verläuft sich weniger.

Fazit:

Das war eine ganz hervorragende Klettersteigtour, bei der die Aussicht die Anstrengungen mehr als rechtfertigt. Danke Tom!

… nur bei den 1400 Höhenmetern Abstieg fehlte irgendwie die Abkürzung.


Berg frei!

Christian Köhler
– OG Brünnstein –